Kolumne

Bis man plötzlich selbst erwachsen wird

Es ist erstaunlich, wie sehr man die eigene Kindheit nochmal überdenkt, wenn man selbst ein Kind hat.

Ein Pendlerleben

Es ist erstaunlich, wie sehr man die eigene Kindheit nochmal überdenkt, wenn man selbst ein Kind hat. Ist man selbst Kind, verdreht man bei den Erzählungen der Erwachsenen von Früher die Augen – bis man plötzlich selbst Erwachsene ist, die von früher erzählt. In meinem Früher jedenfalls gab es kein Handy und kein Internet und wenn ich in die Schule ging, musste ich durch 1,2 Kilometer Wald und Wiese, bis ich an eine Busstation kam, wo exakt drei Mal am Tag ein Bus fuhr. Mein Sohn kreuzt auf dem Weg in den Kindergarten zwei Straßenbahnen und eine Buslinie. In meinem Früher war ein Bauernhof mit Katzen, Hühnern und Schafen und einem Holzofen, der geheizt werden musste, sonst gab es keine Wärme und kein Warmwasser. Mein Sohn hat Warmwasser zuhauf, genauso wie Spielplätze und Kindercafés. Meine Kindheit und seine sind so unterschiedlich, wie es nur sein kann. Sie sind beide schön. So viel von dem, was wir als Ideal ansehen, ist dann doch nur ein Klischee, das wir uns selbst erzählen, um uns besser zu fühlen. Dabei ist das alles nicht so wichtig. Die schönste Kindheit macht immer noch aus, welche Eltern wir haben. Und welche wir werden.

 

Personenbeschreibung:

Saskia Jungnikl-Gossy ist in Reinersdorf, in der Nähe von Güssing, im Südburgenland aufgewachsen. Sie zog nach der Matura nach Wien und lebt und arbeitet heute dort als Journalistin und Autorin. Seit sie und ihr Mann ein kleines Kellerstöckl im Burgenland in der Nähe ihrer beiden Familien renoviert haben, pendeln sie mit ihrem kleinen Sohn zwischen den Bundesländern hin und her. Über die Heimkehr in das Leben als (Teilzeit-)Burgenländerin schreibt sie hier.