Kolumne

Burgenländische Ikonen

1921 war man ein eigenes Land geworden. Nun waren es nicht mehr gekrönte Häupter, sondern der Handwerker, der Bauer, die Fabriksarbeiterin, der Beamte, die Näherin, der Lehrer, der Gastwirt oder der Polizist, die in einer Welt des Neubeginns bestehen und als Alltagshelden gute Figur machen mussten.

Über Gott, das Burgenland und die Welt

Was Batman und Robin für Gotham, das sind Salzstangerl und Steckschwamm fürs Burgenland: Helfer in dunklen Zeiten, Tröster für Seele und Moral. Das burgenländische Salzstangerl hat weder etwas mit feinem Jourgebäck noch mit dem torpedoartigen Bäckersalzstangerl zu tun. Es liegt genau dazwischen. Der Unterschied ist wichtig, denn diese Lebensmittel-Ikone war als Hauptnahrungsmittel lange in jedem burgenländischen Haushalt zu fnden und steht bis heute für Gemeinschaft und Gastfreundschaft.

Weniger schmackhaft, aber ebenso Teil der burgenländischen Alltagsikonografe ist der meist grüne Steckschwamm. Er wird in der Blumenbinderei zum Arrangieren verwendet. Generationen burgenländischer Frauen haben mit ihm Gestecke für Familienfeste, Kirchen und Wegkreuze gestaltet. Mit dem Salzstangerl steht er für die unspektakulären, aber formgebenden Leistungen der Aufbaugeneration des Burgenlands. 1921 war man ein eigenes Land geworden. Nun waren es nicht mehr gekrönte Häupter, sondern der Handwerker, der Bauer, die Fabriksarbeiterin, der Beamte, die Näherin, der Lehrer, der Gastwirt oder der Polizist, die in einer Welt des Neubeginns bestehen und als Alltagshelden gute Figur machen mussten. Salzstangerl und Steckschwamm machten diese karge Welt nicht nur erträglicher, sondern auch schöner.

 

Personenbeschreibung:

Dr. Dominik Orieschnig, Jurist, ausgebildeter Diplomat, Kulturwissenschaftler und Buchautor, ist Sprecher der Diözese Eisenstadt und Vizepräsident des burgenländischen Hilfsfonds. Sein im Frühjahr 2022 erscheinendes Buch „Das uneindeutige Land“ ist seine persönliche Liebeserklärung an das Burgenland, die Diözese Eisenstadt und deren Menschen.