Kolumne

Doppelpass mit Brüssel

Rainer Winter, Leiter des burgenländischen EU-Büros, berichtet für Mein Burgenland halbjährlich aus Brüssel. 

In meiner zweiten Kolumne aus Brüssel melde ich mich konkret zum Thema Sozialpolitik. In Zeiten wie diesen, wo kein Stein auf dem anderen zu bleiben scheint, fragen wir uns vermutlich fast alle, was wohl die besten Konzepte und Ideen für unsere Gesellschaft, das Burgenland, Österreich usw. sind. Und weil diese Zeilen aus Brüssel kommen, darf Europa und konkret die EU bei diesen Überlegungen nicht fehlen.

Unsere Mitgliedschaft in der EU hat uns in vielen Bereichen vorangebracht, man denke nur an die vielen kleinen und großen Projekte im Bereich von Bildungseinrichtungen, der Wirtschaft oder der Infrastruktur, welche ohne die EU in diesem Umfang nicht realisierbar gewesen wären. Das Fundament für all das bietet, neben der heute wieder vielen bewusst gewordenen Sicherheit, ein umfassendes und resilientes Sozialsystem, das den Menschen Sicherheit gibt und den Rücken für Entfaltungsmöglichkeiten freihält. Dieses Fundament ist auch jene Grundlage, um schwierige Zeiten als Gesellschaft zu meistern und aus ihr sogar Chancen für eine bessere Zukunft zu generieren. Da Sozialpolitik hauptsächlich in die Kompetenz der Mitgliedstaaten und Regionen fällt, beschränkt sich die EU auf Grundsatzregelungen, die ihre Basis in der sogenannten Europäischen Säule sozialer Rechte haben. Dort werden Mindeststandards für Beschäftigung, Einkommen, Kinderbetreuung, die Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben bis hin zur Pflege definiert.

„Im Pflegebereich haben wir im Burgenland mit der Anstellung pflegender Angehöriger, dem Pflegestützpunktsystem sowie einem Anstellungsmodell für die Pflegeausbildung bereits neue Wege beschritten, die mittlerweile weit über die Landesgrenzen hinaus auf große Resonanz stoßen.“

HANS PETER DOSKOZIL, Landeshauptmann

 

 

Burgenland als Vorbild in der EU

Auch bei der Sozialpolitik kann man die Analogie zum Doppelpassspiel herstellen. Das Burgenland setzt nämlich die Standards nicht nur um, sondern ist Vorreiter und Beispiel in Europa zur Verbesserung dieser. Landesrat Heinrich Dorner hat dem Europäischen Ausschuss der Regionen bereits zwei Mal Berichte zum Thema Pflege vorgelegt, die dort mit überwältigender Mehrheit angenommen wurden.

Auch andere Themen wie Mindestlohn, leistbares Wohnen, Arbeit und Integration in den Arbeitsmarkt sind Themen, die in Brüssel bearbeitet werden und bei denen man mit Interesse auf die Lösungen im Burgenland blickt. Selbst in EU-internen Papieren tauchte das burgenländische Pflegemodell bereits auf. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir uns intensiv und konstruktiv einbringen, neue Ideen vorstellen und diese mit Spitzenvertretern diskutieren. Der Burgenländische Landtag tauschte sich bereits im Jahr 2021 mit dem für Soziales zuständigen EU-Kommissar Nicolas Schmit in Brüssel aus.

Auf der anderen Seite stellte Soziallandesrat Leonhard Schneemann dem EU-Botschafter in Österreich, Martin Selmayr, bei einem Besuch im Burgenland konkrete Projekte in der Praxis vor. Die finanziellen Mittel dafür kommen übrigens auch aus dem Europäischen Sozialfonds, mit dem uns die EU wiederum unterstützt.

Burgenländische Lösungen

Die burgenländischen Lösungen in der Sozialpolitik haben auch das Interesse anderer Mitgliedstaaten der EU geweckt. Neben Belgien und Italien wurde vor allem in Deutschland darüber in vielen Medien berichtet. Wenn es um Sozialpolitik geht, spielt das Burgenland in Brüssel in der ersten Liga. Mit unserer Doppelpass- Strategie wird das auf absehbare Zeit auch so bleiben. Nicht als Selbstzweck, sondern zur Sicherstellung eines Fundaments, auf das die Menschen bauen können.