Kolumne

Nameln beim Wirten

Woher der Name Pannonien kommt, ist ungewiss. Beim Wirten wird darüber jedenfalls angeregt philosophiert.

 

Beim Wirten unlängst: Wieder einmal kam, wie so oft in letzter Zeit, die Rede aufs Pannonische. Einer – ich glaube, es war der Hans, den sie hier alle nur „blauroter Methusalem“ nennen – fing vor Jahren an zu erklären, was am Burgenland pannonisch wäre und was nicht; wo dieses Pannonien anfange und wo es aufhöre; wie es schmecke und rieche. Und dass hier, im Pannonischen, jedenfalls der allerbeste Wein wachse. „Herr Wirt!“, rief er damals und machte mit dem Zeigefinger eine Kreisbewegung über dem Tisch. Und seither reden wir immer wieder darüber und philosophieren und schwadronieren. Pannonien: Wir wissen nicht einmal, woher der Name kommt. Die alten Römer, so weit ist es klar, hatten den Namen zu den Akten genommen. Aber woher sie ihn hatten, bleibt ungewiss. Gott sei Dank, denn sonst müssten wir beim Wirten über Fußballer oder Politiker reden. Wer will das schon?

Der Oberlehrer – den nennen wir so, weil er erstens einer war und zweitens auch in der Pension immer noch einer sein möchte – fing an, uns vom pannonischen Statthalter und Historiker Cassius Dio zu erzählen. Der habe den Namen von den panni abgeleitet, Stoffstreifen, mit welchen die Pannonier angeblich ihre Kleider zusammenbanden. Andere sagen: Der Name bezog sich auf ein illyrisches Wort oder eine Vorsilbe, „pen-“, das meine Wasser, feucht, sumpfig oder so was.

Natürlich kann das auch mit dem Wort oder der Vorsilbe „pan-“ zu tun haben. Das ist zwar griechisch, aber diese Sprache liebten die Römer. Nicht umsonst nannten sie ihren bis heute beeindruckenden Tempel für alle Götter Pantheon. Oder kommt’s gar aus dem Slawischen? Auf Tschechisch heißt Pan Herr. Das Herrenland also – auch nicht schlecht. Man sieht: „Panta rhei.“

Das heißt: Alles fließt. Oder vielleicht auch: Alles zerrinnt. Zu einem Panoptikum. Mir persönlich ist die Ableitung vom himmlischen „Pan“ am allerliebsten. Pan ist jener bockfüßige und gehörnte Hirtengott, von dem wir die Panflöte haben. Und den Krampus. Denn die Christen haben von ihm das Bild des Teufels genommen. Pan spukt gerne um die Mittagszeit, wenn es auf den Steppen heiß ist. Und die Menschen schläfrig sind. Das ist die Zeit, zu der sich Pan zeigt, er die Hirten schreckt. Und die Mädchen bis in den sündigen Halbschlaf verfolgt. Weil so einer ist Pan auch.

Wer an einem sommerheißen Seewinkel-Tag einmal still in den Mittag döst, kann ihn manchmal sehen. Die Ungarn nennen, was dann – flirrend, kaum fixierbar – erscheint: délibáb. Das meint Mittagstäuschung. „Und das“, sagt der blaurote Methusalem, „ist dann Pannonien.“ (Ach ja: Den Siebener nennen wir so, weil er so g’scheit ist. Aber ich glaube, so einer sitzt eh bei allen Wirtshausrunden mit am Tisch.)