Heute

Unser Gründer war bei Gott kein Heiliger

Der Geschäftsführer des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt, Robert Maurer, im vorweihnachtlichen Gespräch über das Zusammenspiel von Medizin und Spiritualität und die gute Zusammenarbeit im Land.

© Wolfgang Wolak

Mein Burgenland: Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder blickt auf eine lange Geschichte zurück. Wie hat eigentlich alles begonnen?

Direktor Robert Maurer: Der Anfang hier in Eisenstadt liegt im Jahr 1760, als der Fürst Paul II. Anton Esterházy dem Orden die Apotheke, eine Krankenstation und landwirtschaftliche Flächen für die Eigenversorgung gestiftet hat. Lange Zeit war es dann ein kleines Spital an der Esterházy-Straße, wo jetzt die Apotheke zum Granatapfel ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte dank Spenden der Ausbau des Krankenhauses beginnen – von da an ist das Haus stark gewachsen. 1980 wurde das Krankenhaus von der Burgenländischen Landesregierung zum Schwerpunktkrankenhaus für das nördliche Burgenland erklärt, die Bettenzahl mit 470 festgelegt und das Öffentlichkeitsrecht verliehen, das eine existenzielle und finanzielle Absicherung brachte. So sind wir genauso finanziert wie die vier Landesspitäler der KRAGES. Parallel dazu gibt es einen Kooperationsvertrag mit dem Land, der regelt, wie wir miteinander tun und wie die „Spielregeln“ sind. Und so hat man es beibehalten. Heute haben wir 396 Betten, etwa 1.300 Mitarbeiter und behandeln rund 200.000 ambulante und 20.000 stationäre Patienten im Jahr.

Was bedeutet die besondere Mischung aus Medizin und Orden für die Mitarbeiter, was für die Patienten?

Ein Krankenhaus kann nur durch seine vielen unterschiedlichen Mitarbeiter funktionieren. Die Brüder sind gar nicht so, dass sie sich auf die Religiosität versteifen, es geht ihnen eher um die Spiritualität. Und Spiritualität muss nicht religiös sein, das beschreibt ja einfach nur das, was du tust, wie du es tust. Dabei hat jeder so seine Art – und das muss kompatibel sein mit den Ordenswerten der Brüder. Das ist zum einen die sogenannte christliche Gastfreundschaft, die Hospitalität – ein Gelübde, das der Orden zusätzlich hat. Bei uns wird aber sicher keiner daran gemessen, ob er jetzt jeden Sonntag in die Kirche geht – es geht darum, die eigene Spiritualität zu finden und zu leben. Das sowohl mit dem Patienten als auch untereinander.

Woher kommt diese Verschreibung der christlichen Gastfreundschaft?

Der Gründer unseres Ordens, der heilige Johannes von Gott, war bei Gott Zeit seines Lebens kein Heiliger (lacht). Der war einfach nur Mensch. Der hat vieles ausprobiert, ist als Soldat weit gereist, hat sich als Buchhändler verdingt. Bis ihm ein Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt die Augen geöffnet hat; er hat gesehen, dass man Menschen in solchen Zuständen nicht mit Folter und Schmerz begegnen darf, und beschlossen, sich von da an selbst um Patienten zu kümmern. Zu Beginn hat er Menschen in einer kleinen Hauseinfahrt behandelt, aus dieser Zeit stammt einer unserer Leitsprüche: „Das Herz befehle.“ Dabei geht es im Prinzip darum, den ganzheitlichen Menschen zu sehen: Die medizinische und pflegerische Versorgung ist wichtig, aber ebenso auch, den Menschen als Ganzen, auch mit seinen persönlichen Bedürfnissen, zu erleben.

Was bewegt der neue Regionale Strukturplan Gesundheit (RSG) für Sie als Krankenhaus, für das burgenländische Gesundheitssystem?

Was wir bereits in den letzten Jahren, verstärkt aber natürlich durch die Pandemie, gesehen haben, ist, dass das Gesundheitssystem in einem Bundesland nur zusammen funktioniert. Im RSG, der festgesetzt bis 2025 die Gesundheitsleitungen und deren Finanzierung für das ganze Bundesland regelt, sind Kooperationen schon viel stärker verankert. Praktische Beispiele dafür sind z. B. eine gemeinsame Abteilung HNO in Eisenstadt/Oberwart und das Traumanetzwerk, das mit dem neuen Krankenhaus Gols etabliert wird. Also, wir sind sicher keine Einzelkämpfer, die Zeiten sind definitiv vorbei. Bei all diesen Themen waren und sind wir bei der Entwicklung und konzeptionellen Erarbeitung mit involviert, man profitiert voneinander. Wir merken sehr stark, dass Gesundheit auch im Land einen sehr hohen Stellenwert hat. Ich habe viel Kontakt mit dem Büro des Landeshauptmannes, es gibt einen guten, intensiven Austausch sowohl mit der KRAGES als auch mit dem Gesundheitsfonds und mit dem Land. Und ich sehe es als großes Vertrauen, das uns das Land entgegenbringt, uns diesen Versorgungsauftrag zu übertragen. Denn alles, was wir da machen, ist ja kein Selbstzweck.

 

"Flächendeckende Gesundheitsversorgung durch die Zusammenarbeit der einzelnen Krankenhäuser im Burgenland."

 

Woran wird im Zuge dessen gezielt für die Bevölkerung gearbeitet?

Die Pandemie hat ebenfalls die Erkenntnis gebracht, dass man in den Krankenhäusern, auf den Stationen, viel flexibler sein muss. Intensivbetreuungseinheiten mit Mehrbettzimmerstrukturen, wie man sie davor forciert hat, funktionieren nicht gut, wenn Patienten isoliert behandelt werden müssen. Im Notfall muss man rasch umstrukturieren können, um die optimale medizinische und pflegerische Versorgung sicherstellen zu können. Auch diese Entwicklung ist im RSG verankert, ein weiteres Stichwort ist die Pflege. Denn hier werden zum einen ganz dringend Arbeitskräfte gesucht, zum anderen sehen wir uns bald mit der großen Pensionswelle konfrontiert. Darüber hinaus braucht es auch außerhalb der Krankenhäuser Kapazitäten, um kranke und ältere Menschen zu pflegen. In all diesen Punkten macht das Burgenland aber etwas vor, worum mich meine Kollegen in den anderen Einrichtungen der Barmherzigen Brüder beneiden: Denn mit dem aktuellen Projekt der Pflegestützpunkte, den aufgestockten Stipendien für angehende burgenländische Mediziner und der Pflegeanstellung und gestützten -ausbildung wird hier ganz massiv investiert, um die Zukunft unseres Gesundheitssystems zu sichern. 

Bei der psychiatrischen Versorgung – leider gerade in der oberflächlich besinnlichsten Zeit ein großes Thema – wurde hier in den letzten Jahren einiges getan …

Was meiner Meinung nach generell ganz wichtig war fürs Burgenland, ist eben die stationäre psychiatrische Versorgung, die hat es hier davor noch gar nicht gegeben. Die Abteilung ist 2012 dazugekommen. Und die Neurologie, und in dem Zusammenhang vor allem die Schlaganfall-Versorgung, die es im Nordburgenland bis 2015 nicht gegeben hat. Denn bei einem Schlaganfall, aber auch wenn ein psychiatrischer, ein Ausnahmezustand entsteht, dann ist wichtig, schnell vor Ort etwas zu haben … und das sollte dann auch möglichst flächendeckend sein.

Also wächst man auch mit den anderen Landesspitälern stärker zusammen?

Genau so ist es, denn damit kann man die Patienten gezielter und schneller versorgen. Denn es ist schon über die letzten Jahre so gewesen, dass der Anteil an akuten Patienten an den Gesamtpatienten tendenziell immer höher geworden ist bei uns. Das hat es uns immer schwieriger gemacht, die Termine für die geplanten Patienten einzuhalten, ohne dass ein Akutfall auf der Strecke bleibt. Das alles dann unter einen Hut zu bringen, war immer unsere große Herausforderung, und auf das zielt dieser RSG unter anderem ab.

Konkret gesagt ist der Sinn der Sache bei euch als Krankenhaus ja, dass der „Kunde“ wieder gesund ist und euch möglichst nicht mehr braucht …

Genau, das ist doch schön, oder? (Lacht) Das ist das Ziel. Unser Pater Prior in unserem Ordenskonvent in Eisenstadt sagt immer: Auch der, der nicht gesund nach Hause gehen kann, der soll zumindest getröstet nach Hause gehen. Das macht auch so ein bisschen unseren Ordenswert aus, und darüber hinaus auch den Geist vom Weihnachtsfest – Trost zu spenden.