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Wie der Zufall es will

Wer kann, der flieht. Flieht vor dem Krieg in der Ukraine. Und das in eine ungewisse Zukunft. Fehlende Sprachkenntnisse stellen dann zusätzlich eine Herausforderung dar. Dass das nicht so sein muss, beweist Oleksandr „Sascha“ Nehuliaiev, den das Land Burgenland als Ukrainisch-Dolmetscher gewinnen konnte.

Text: Doris Fischer

Zufälle spielen und spielten im Leben des in der Ukraine geborenen 25-jährigen Oleksandr Nehuliaiev – lieber hört er auf Sascha – eine große Rolle. Und auch jetzt mit den Folgen des Krieges in der Ukraine. Zufällig sah er bei seiner Heimfahrt nach einem anstrengenden Uni-Tag am Wiener Hauptbahnhof, wie dort zahlreiche Menschen aus seiner alten Heimat, der Ukraine, gestrandet sind. „Dabei habe ich mir gedacht, was kann ich tun, um den Menschen zu helfen.“, schildert Sascha seine Eindrücke.

Ich wollte etwas machen, wusste aber nicht wie

Es hat nicht lange gedauert – wieder ein Zufall – hat sich Daniel Bader aus dem Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei ihm gemeldet. „Wir kennen uns vom Beachvolleyballspielen am Neusiedler See“, erzählt der sportbegeisterte WU-Student, „er weiß, dass ich aus der Ukraine komme, ukrainisch spreche und hat gefragt, ob ich bereit wäre zu helfen.“ Damals war das Land gerade dabei gemeinsam mit den Verkehrsbetrieben Burgenland, Vertriebene aus der Ukraine ins Burgenland zu holen. Ein Dolmetscher wurde auf die Schnelle gebraucht.

Ohne viel nachzudenken, sagte Sascha sofort zu und machte sich an die slowakisch-ukrainische Grenze auf. Dort traf er auf Menschen, die verunsichert waren, nicht wussten wohin die Reise gehen wird und die sich vor allem nicht verständigen konnten. In seiner Muttersprache konnte er so das Vertrauen der flüchtenden Ukrainer gewinnen.

Er klärte auf, dass die bereitgestellten Busse sie kostenlos ins Burgenland, in ein für sie unbekanntes Land, in Sicherheit bringen. „Viele waren von den Hilfsmaßnahmen überrascht“, berichtet Sascha. Vor Ort hat er die Registrierung vorgenommen, vieles erklärt – und viel Dank zurückbekommen. Noch jetzt erhält er Anrufe und Dankesschreiben seiner Landsleute, deren Vertrauen er durch sein dolmetschen gewinnen konnte. Und damit sich die hier untergebrachten Flüchtlinge noch angekommener fühlen, hat Sascha gemeinsam mit dem Land Burgenland einen Leitfaden in Ukrainisch und Deutsch gemacht.

 

Bin angekommen

Der größte und einschneidendste Zufall im Leben von Sascha war sicherlich seine neue Heimat, das Burgenland. Der Liebe wegen verließ seine Mutter die Ukraine. Sascha kam als Achtjähriger mit – ohne ein Wort Deutsch zu sprechen –, sein älterer Bruder blieb in der Ukraine. Über die Sommerferien lernte er ein bisserl Deutsch. „Als ich im September in die Volksschule gekommen bin, verstand ich schon einiges, traute mich aber nicht sprechen“, erzählt er. Hauptsächlich in der Volksschule Am Tabor in Neusiedl am See lernte er Deutsch und wurde dort sehr gefördert. Die Integration hat sehr gut funktioniert.

Jetzt, 17 Jahre später, fühlt sich Sascha in Österreich, im Burgenland angekommen. „Ich bin Neusiedler. Ich liebe den See“, streut er seiner neuen Heimat Rosen. Gleichzeitig schätzt er die Freiwilligkeit der Burgenländerinnen und Burgenländer.

Ob er noch eine Beziehung zur Ukraine hat? Ja, natürlich. Seine Großeltern leben noch dort, sie wollten ihre Heimat nicht verlassen. Sein älterer Bruder und seine Familie haben jedoch die Ukraine verlassen. „Wir sind wieder vereint“, schätzt Sascha die Sicherheit hier im Burgenland.

Auf www.burgenland.at ist die Deutsch-Ukrainische Fibel abrufbar.