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Als die Erdbeere nach Wiesen kam
In den 1870er-Jahren war die Reblaus erstmals im heutigen Burgenland aufgetaucht, bis ins späte 19. Jahrhundert hatte sie die burgenländischen Weingärten nachhaltig verwüstet. Viele Bauern der Gegend standen vor dem Ruin. Einige Wiesener suchten nach Alternativen und beschlossen, ihr Glück mit Obst, vor allem Erdbeeren, zu versuchen – mit nachhaltigem, bis heute schmeckbarem Erfolg. Die Wiesener Ananaserdbeere ist prächtig, strahlend rot, drall, plump, saftig und besonders würzig, mit feinsüßem Erdbeergeschmack. Ihren Namen verdankt sie schlicht dem lateinischen Namen der Gartenerdbeere, Fragaria ananassa – mit einer speziellen Sorte hat er nichts zu tun. Die Wiesener selbst nennen die Früchte mitunter auch „Bumabia“, nach einem großen Stein in Wiesen, dessen Form einer Erdbeere ähneln soll.
Erdbeer-Versuchsanstalt
Wie die Reblaus kam auch die Ananaserdbeere erstmals in den 1870er-Jahren ins Burgenland, ab 1912 gab es dann gar eine staatliche Erdbeer-Versuchsanstalt in Wiesen, spätestens ab den 1920er-Jahren war die Erdbeere ein wesentlicher Teil des Einkommens des Dorfs und genoss einen hervorragenden Ruf auf den Wiener Märkten. Übrigens, genau wie ich ist die Kulturerdbeere, auch die Wiesener Ananas, ein Einwandererkind. Zwar waren Erdbeeren schon bei den alten Römern beliebt – allerdings war in Europa lange ausschließlich die kleine, oft wilde Walderdbeere bekannt – erst nach der Eroberung Amerikas kamen amerikanische, größere Sorten zu uns. Um 1750 kreuzten sich in Frankreich zwei dieser Sorten: die Fragaria chiloensis und die Fragaria
virginiana. Die neu entstandene Pflanze trug herrlich süße, erstaunlich große Früchte und verbreitete sich ziemlich schnell auf der ganzen Welt.
Bäuerliche Innovation
Die Wiesener Ananas sind damit nicht nur köstlich, sondern auch ein essbares Denkmal für die burgenländisch- bäuerliche Innovation – und die Vorläufer und geistigen Urgroßväter des Seewinkler Reises, des burgenländischen Wasabi, der Donnerskirchner Wassermelonen und anderer heute noch exotisch anmutender Köstlichkeiten, die nun im Burgenland angebaut werden. Und wenn die Esterházys heute rund um den Neusiedler See vermehrt Kichererbsen anbauen, weil die wegen des Klimawandels plötzlich bei uns gedeihen, dann tun sie das Gleiche wie die Wiesener Weinbauern vor über 100 Jahren. Manchmal sind die Wiesener Erdbeeren so gut, dass man sie nicht besser machen könnte – frisch geerntet stopfe ich sie mir gern einfach so in den Mund, höchstens mariniert mit einem Schuss Cognac und begleitet von etwas handgeschlagenem, zart gesüßtem Schlagobers. Wer es gern ein bisserl aufwendiger mag: unsere Purbacher Cremeschnitte verträgt sich ebenfalls hervorragend mit den köstlichen Wiesener Ananas.
Purbacher Cremeschnitte
mit Ananaserdbeeren
So geht´s:
Erdbeeren mit dem Pürierstab oder der Küchenmaschine fein pürieren und eventuell durch ein Sieb streichen. Milch, Zucker und Vanillemark gemeinsam aufkochen, dann Maizena, Dotter, Erdbeeren und die Gelatine daruntermischen. Masse unter ständigem Rühren auskühlen lassen. Schnee und Schlagobers vorsichtig verrühren und weitere drei Stunden im Kühlschrank ziehen lassen.
Inzwischen den Blätterteig nach Packungsangabe backen und auskühlen lassen. Portionieren und mit der Vanillemasse wie einen Turm schlichten (Teig/Masse/Teig/ Masse/Teig). Zum Schluss mit Staubzucker bestreuen und mit den restlichen Erdbeeren anrichten.