Produkt des Monats

Die Frühlingswiese als Gaumenfreude

Es ist immer mehr en vogue, alles an „Grünzeug“ zu verkochen. Das ist allerdings nichts Neues, sondern eigentlich ganz Althergebrachtes. Und wenn früher oft nicht die Zeit war, Wiesen nach Genießbarem abzusuchen – heute ist sie es. 

© Stine Christiansen

Der frühe Frühling ist kulinarisch eine gemeine Zeit. Das Wetter fühlt sich zeitweise schon nach dem Reichtum des Sommers an, allein, es dauert einfach, bis aus den ersten Sonnenstrahlen Obst und Gemüse werden. Was dafür schon sprießt, sind wilde Blätter und Triebe – und zwar in rauen Mengen. In Wald und auf Wiesen wuchern Wilder Löwenzahn, knackige Hopfensprossen, krautige Brennnesseln, Schafgarbe, und Spitzwegerich mit seinem typischen Wiesengeschmack.

Superfood vor der Nase

Natürlich kann man das einfach als Salat genießen, ich mache aber lieber ein warmes Essen daraus. Es gibt nämlich wenig Befriedigenderes, als all dieses junge Wildgemüse in einen köstlichen Eintopf zu packen: Das hilft, das letzte bisschen Kälte des weichenden Winters zu vertreiben und gleichzeitig Kraft zu tanken für den aufblühenden Frühling. Wenn irgendwas den Namen Superfood verdient, dann sind es diese ersten Triebe voller Energie und neu erwachenden Lebens. In vielen Teilen Europas haben solche Speisen eine lange Tradition:

Rund um das Mittelmeer gehen (oder zumindest: gingen) im Frühjahr die Märkte über mit Bergen wild gesammelter Blätter und Triebe, von Zichorien über Malven bis hin zu Wildem Spargel. Die Burgenländer waren historisch ein wenig zurückhaltender bei Wildgemüse: Zwar wurden immer schon reichlich Heilkräuter gesammelt, Löwenzahn oder Brennnessel nur zum Genuss zu essen, ist aber lange kaum wem eingefallen. Das erste Grün – oder besser: Gelb – des Jahres war hier traditionell meist der „Kroarlsalat“, der aus „Ruabnkei“ gemacht wurde, jenen zarten Blättern, die im späten Winter aus den eingelagerten Halm- und anderen Rüben austrieben. Sie wurden mit Erdäpfeln gemischt und mit heißem Schmalz und, wenn möglich, mit etwas gebratenem Speck angerichtet – ganz ähnlich wie in der Steiermark der Röhrlsalat.

Sammler, nur so zum Spaß

Sonst aber waren Blätter und Triebe, vor allem wilde, lange kulinarisch kaum ein Thema: Sie gaben einfach zu wenige Kalorien her und machten nicht genug satt, als dass sich das Sammeln lohnte – zumal es so viele andere, zum Überleben wichtigere Dinge zu tun gab. Die schlechten alten Zeiten sind glücklicherweise vorbei und heute können wir auch im Burgenland bloß zum Vergnügen losziehen und köstliche Wildkräuter sammeln. Als kleines Zugeständnis an die hiesige Tradition verkoche ich sie besonders gern in einem traditionellen Bohneneintopf. Nehmen Sie für das folgende Rezept jedes köstliche, essbare wilde Grün, das Sie finden können (außer Bärlauch, da ist aufgrund des intensiven Geschmacks eher Zurückhaltung geboten!). Es gilt natürlich: Nur nehmen, was man sicher kennt! Und wer partout nicht sammeln mag oder sich nicht traut: Spinat, Mangold oder Kohl tun es zur Not auch.

Stinatzer Bohnensuppe
mit wildem Gemüse

 

So geht´s:

Weiche die Bohnen über Nacht in reichlich Wasser ein. Abtropfen lassen. Bohnen und Fleisch getrennt in reichlich Salzwasser kochen, bis sie weich sind. Die Bohnen abseihen und das Wasser aufbewahren. Das geräucherte Fleisch in etwa 1 cm große Stücke schneiden. Zwiebeln hacken und in Schmalz anschwitzen, bis sie glasig sind. Knoblauch, Tomatenmark und Ingwer dazugeben und kurz anbraten. Mit Suppe aufgießen, Majoran, Lorbeerblatt und Pfeffer dazugeben und 25 Minuten bei geringer Hitze köcheln lassen. Bohnen, geräuchertes Fleisch und Wildgemüse in den Topf geben. Weitere fünf Minuten köcheln lassen, Essig dazugeben, nachwürzen und servieren. Wenn die Mischung zu dick ist, mit ein wenig Bohnenkochwasser verdünnen.