Kolumne

20.8.2022: Urlaub

Dieses Jahr hatte ein spezieller Ort meine Aufmerksamkeit: der Campanile, der Glockenturm am Markusplatz.

Aus dem Tagebuch des Forschungskoordinators

Urlaub – etwas Erholung, Neues kennenlernen, Altes wiedersehen.

Heuer: Venedig. Eine fantastische Stadt am Abend, wenn die Tagestouristen verschwunden sind – in mehrerlei Sichtweisen. Diese Stadt ist ein Beispiel dafür, dass man keinen Individualverkehr benötigt – alles kann man zu Fuß erreichen, und für weitere Wege gibt es Vaporettos. Das Argument der Wirtschaft – Hotels und Restaurants müssen mit LKWs beliefert werden – stimmt nicht, es funktioniert hier auch ohne einen einzigen.

Dieses Jahr hatte ein spezieller Ort meine Aufmerksamkeit: der Campanile, der Glockenturm am Markusplatz. Dort gibt es eine Gedenktafel an einen besonderen historischen Moment in der Menschheitsgeschichte. Vom Markusplatz – so sagt es zumindest die Legende – blickte das erste Mal ein Mensch mit einem Fernrohr in den nächtlichen Himmel. Mit diesem ersten Blick begann eine neue Reise in das Universum. Galileo Galilei eröffnete uns mit der Weiterentwicklung des Fernrohres und dessen Anwendung neue Blicke auf das Universum.

Kleiner Gegenstand – große Wirkung
Der Doge von Venedig fragte als Erstes nach dem Nutzen des Fernrohres. Galileo erklärte ihm, dass man damit Schiffe auf hoher See besser beobachten könne. Schön, wenn es so leicht beantwortet ist – für die Nautik war die Uhr eine wichtigere Erfindung. (Aber diese Urlaubsgeschichte wird ein anderes Mal erzählt.) Das Fernrohr hatte nur eine untergeordnete Rolle, aber dem Dogen reichte die Antwort.

Das Fernrohr führte dazu, dass unser Weltbild sich massiv verändert hat: Wir sind nicht das Zentrum des Universums, das Universum ist nicht ewig, sondern hat einen Anfang, die Erde umkreist die Sonne und auch andere Sonnen werden von Planeten umkreist. Erst durch das Fernrohr konnten die genauen Bahndaten der Planeten ermittelt werden. Uranus und Neptun wurden damit entdeckt und die Abweichung von der berechneten Bahn des Merkur führte zur Relativitätstheorie, was wiederum zu unseren modernen Navigationssystemen führte.
Es gäbe noch viel über die Erkenntnisse, die durch das Fernrohr gewonnen wurden, zu erzählen. Sollen Wissenschafter nach dem Nutzen ihrer Erkenntnisse fragen? Ja, aber den Nutzen erkennt man erst in der Zukunft. Erst viel später erkennen wir, was wir an neuem Wissen vorerst brauchen können und was nicht. Wenn wir nur Technikentwicklung machen, entwickeln wir uns und unser Wissen nicht substanziell weiter. Hätten nicht andere Wissenschafter an der Elektrizität geforscht – die damals niemand zu verwenden wusste –, sondern wären diese Wissenschafter dem Auftrag der Politiker nachgekommen, bessere Kerzen mit einer höheren Leuchtkraft und weniger Rußentwicklung zu entwickeln, hätten wir heute ein fantastisches Sortiment an Kerzen, aber keinen Kühlschrank, keine Waschmaschine und vieles andere auch nicht. Die Frage nach dem Nutzen ist nicht immer nützlich!