Interview
Vom Wurlitzer zu den Rolling Stones
Für unser Interview kommt Ewald Tatar direkt vom Ed Sheeran Konzert aus Budapest, das er veranstaltet hat. Vor ihm liegen anstrengende Wochen: das Frequency-Festival, nochmal Ed Sheeran in Zagreb und Bukarest. Am Plan standen damals auch die drei Taylor Swift Konzerte, die aufgrund der Terrorwarnung abgesagt wurden.
Die Absage der Taylor Swift Konzert hat weltweit für Aufsehen gesorgt: Wie hast du die dramatischen Ereignisse erlebt?
Es war eine nicht alltägliche Situation, die ich selbst in meinen Jahren als Veranstalter so noch nie erlebt hatte. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, aber Tatsache ist, dass es der einzig richtige Schritt war, dass die Shows nicht stattgefunden haben. Es war eine Entscheidung in Richtung Sicherheit für Besucher:innen.
Wie kamst du in die Veranstaltungsbranche?
Ich bin in einem Wirtshaus aufgewachsen, wo standesgemäß ein Wurlitzer gestanden ist. Das war meine erste Erfahrung mit Musik. Später dann der erste Besuch im Jazz Pub Wiesen. Da bin ich draufgekommen: „Es gibt auch andere Musik…“ Meinen 17. Geburtstag habe ich im Jazz Pub gefeiert, wo mir die Musik des DJ nicht gefallen hat. Das habe ich Franz Bogner (Gründer Jazz-Fest Wiesen) gesagt, der hat gemeint: „Wenn du es besser kannst, dann leg halt mal auf“. Das habe ich dann getan: In verschiedenen Diskotheken des Landes.
Ab 1991 habe ich bei den Wiesen- Festivals mitgearbeitet, ab 1994 hatte ich die Programmverantwortung. 2004 gründete ich eine eigene Firma und davor veranstaltete ich noch mit den Wiesen Festivals das Aerodrome in Wr. Neustadt, ein Jahr später das erste Nova-Rock in Nickelsdorf. Der Rest ist Geschichte.
Welche Voraussetzungen braucht man für diesen Job?
Auf alle Fälle gute Nerven und Mut zum Risiko. Ich bin damals ins kalte Wasser gesprungen, habe mir vieles selber beibringen müssen. Eine Ausbildung zum Konzertveranstalter gab es nicht, ich bin da hineingerutscht. Ich habe überall mitgebarbeitet, war Plakatierer, Fahrer, Bühnenarbeiter. Aus all diesen Erfahrungen habe ich gelernt.
Wenn du auf den jungen DJ zurückblickst: Worin unterscheidet sich der Ewald Tatar von heute von dem Ewald 1990?
Die Herangehensweise, an Musik Spaß und Freude zu haben, hat sich nicht geändert. Darum bin ich ab und zu noch gerne DJ. Ich möchte den Menschen durch die Musik Spaß bereiten.
Spielst du selber ein Instrument?
Ich habe viele Instrumente ausprobiert – die Entscheidung, kein Musiker zu werden war aber die absolut Richtige.
Du hast vor kurzem das Komturkreuz des Landes erhalten. Was bedeutet diese Auszeichnung für dich?
Obwohl ich irgendwie eine Art Revoluzzer war und bin, freue ich mich sehr über diese Anerkennung. Es war mir immer wichtig, im Burgenland etwas auf die Beine zu stellen aber zu helfen wo es nötig war. Mein soziales und gesellschaftliches Engagement begann schon 1989, wo ich in einer Disco spontan eine Hilfe für Rumänen, das damals auf dem Weg in die Unabhängigkeit war, organisierte. 2015 rief der damalige Polizeidirektor Hans Peter Doskozil an, ob ich die Halle vom Nova Rock für Flüchtlinge zu Verfügung stellen kann. Er hat um 10 Uhr angerufen, eine Stunde später haben die ersten Flüchtlinge in der Halle Quartier bezogen. Das ist burgenländische Handschlagqualität. So handle und arbeite ich gerne. Wichtig für mich waren auch das Konzert „We stand for Ukraine“ und dass ich es organisieren konnte, dass beim letzten Rolling Stones Konzert in Wien ein ukrainischer Chor mitsingen durfte.
Wie gehst du mit Extremsituationen um? Woraus schöpfst du deine Energie?
Nach einem Nova-Rock Festival brauche ich drei bis vier Tage, um wieder runterzukommen. In den Tagen rund um Nova-Rock schlafe ich wenig. Nach dem Festival bin ich entsprechend müde. Aber ich schaffe es noch immer, mich voll zu fokussieren. Ich habe schon noch viel Energie und Tatendrang.
Thema Entspannung:Ich bin gerne am Meer, gehe mit meinem Hund spazieren. Früher war ich oft fischen, da fehlt mir jetzt leider oft die Zeit dafür. Am liebsten schaue ich meinem Sohn beim Fußball spielen zu. Der Fußballplatz, das ist für mich Entspannung, dort kommt nichts an mich heran. Irgendwie ist es bei mir ja auch wie bei einem Fußballer. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Nur kann ich meines länger ausüben. Insofern habe ich es gut getroffen.
Welche Ereignisse mit Musikgrößen haben dich bisher am meisten beeindruckt?
Generell gilt, was hinter der Bühne passiert, bleibt hinter der Bühne. Ich habe in den dreißig Jahren viel erlebt und auch viel vergessen. Aber natürlich: wenn man als DJ immer als letzte Nummer „Time is on my side“ von den Rolling Stones spielt und dann stehst du Mick Jagger und Keith Richards backstage gegenüber: Das kann schon was.
Was bedeutet Musik für dich? Welche Emotionen löst sie bei dir aus?
Für mich ist es wichtig, dass ich die Musik auch in Zukunft spüre. Im Musikbusiness am Ball bleiben, verstehen und mitreden können, das zählt für mich. Musik deckt alle Emotionen, von der Beruhigung über die Stimulation bis hin zur Melancholie, ab. Ich will weiterhin ein Gespür dafür haben, was veranstalte ich und was nicht. Insgesamt bin froh, dass alles so gelaufen ist. Natürlich gab es auch Rückschläge, aber diese Dinge prägen dich und machen was aus dir.
Barracuda Music
Barracuda Music ist die größte Konzertagentur Österreichs. Ewald Tatar ist Geschäftsführer und Miteigentümer. Neben dem legendären „Nova Rock“ organisiert Tatar mit seinem Team auch das „Frequency-Festival“ in St. Pölten, die „Lovely Days“ und „Butterfly Dance“ in Eisenstadt und ca 500 Einzelkonzerte pro Jahr. Er hat Shows mit den meisten großen Acts der Musikbranche organisiert, darunter viermal die Rolling Stones, Metallica, Prince, Ed Sheeran, Robbie Williams, Bon Jovi, Guns and Roses und andere. Derzeit arbeiten in der Firma ca. 50 Mitarbeiter:innen. 2009 wurde Tatar Manager des Jahres, 2016 erhielt er den Social Spirit Award.
Privat lebt Ewald Tatar in Forchtenstein. Er hat zwei Kinder. Sohn Yannick ist 20, Tochter Anouk 25.