Kolumne

Als gäbe es kein Dazwischen

Vielleicht sollten wir uns darauf einigen, dass es sie nicht gibt, diese eine perfekte Lebensrealität, in die alle von uns hineinpassen.

Ein Pendlerleben

In letzter Zeit kommen mir vermehrt Texte unter, in denen es um die Vorteile vom Leben mit Kindern am Land geht. Oder die Vorteile für Familien und Kinder in der Stadt. Entweder – oder. Als gäbe es kein Dazwischen. Absolute Meinungen sind in den meisten Fällen falsch, sie gehen davon aus, dass alle Menschen gleich sind, in Gedanken, Wünschen und unseren Erwartungen an das Leben. So sagen die einen, Kinder brauchen nicht mehr als eine Lacke, Gatschstiefel und ein Stück Holz, um glücklich zu sein. Blödsinn, sagen die anderen, Kinder brauchen Kultur, Kindercafés und witzige Museen. Dabei ist die Wahrheit: Für je ein Gutes auf der einen finde ich etwas Gutes auf der anderen Seite. Ein Aufwiegen macht es nur jenen Eltern schwer, die keine Wahl haben (ja, die soll es tatsächlich geben). Wie wäre es mit: Den Kindern geht’s genau dort gut, wo es den Eltern gut geht. Und am besten ist sowieso eine Mischung aus beiden Welten. Ich für meinen Teil habe die meiste Zeit meiner Kindheit und Jugend im Wald und auf einem Bauernhof verbracht. Das war oft schön und oft habe ich mich einsam gefühlt. In Wien gibt es sehr viel mehr Menschen, die verstehen, wie ich ticke, ich liebe die Schnelligkeit der Stadt, und dann sehne ich mich wieder nach Ruhe. Mal so, mal so. Vielleicht sollten wir uns darauf einigen, dass es sie nicht gibt, diese eine perfekte Lebensrealität, in die alle von uns hineinpassen. Das Leben ist so vielfältig, wie wir es auch sind – was sollte daran schlecht sein?