Kolumne

Ich mag den Sommer nicht

Das ist keine populäre Sicht, generell liebt jeder den Sommer, aber ich mag die Hitze nicht, mir wird es zu spät dunkel und zu früh hell, die Luft ist nicht so erfrischend wie im Herbst und Winter; ich fühle mich, als arbeite mein Hirn wochenlang nur auf Stand-by.

Letztes Jahr ist etwas Schlimmes passiert. Wir waren mit unseren zwei Katzen in unserem Häuschen, einer musste ich kurz ihr Ortungshalsband abnehmen und sie war weg. Wir haben sie tage und nächtelang gesucht – und dann mussten wir wieder nach Wien zurück. Danach hab ich internsiv weitergesucht. Vergeblich. Bei der letzten Tour durch ein Nachbardorf bin ich immer ausgestiegen, hab gerufen, bin weitergefahren und da war eine Frau auf der Straße. Sie war misstrauisch, dann mitfühlend.

Haustiere seien Familienmitglieder, sagt sie und: „Wo ghern Sie owa überhaupt hin?“ Ich sag den Namen der Oma von meinem Mann, sie hatte eine Greißlerei und ich denk mir, so jemanden kennt man. Das Gesicht der Frau wird weich, ja, sicher! Ich fahre ohne Katze nach Wien, traurig und hofnungslos. Am nächsten Tag ruft mich eine Frau an. Sie hat meine Katze, ruft sie ins Telefon. Der Zufall kommt mir zu groß vor. Aber: Tatsächlich ist es unsere Katze. Sie war elf Tage verschwunden. Es ist ein Wunder und doch wieder keines, denn das ist das Landleben auch: dass man einander kennt und hilft. Die Frau, mit der ich geredet habe, ist danach das Dorf abgegangen und hat tatsächlich jeden gebeten, Ausschau nach unserer Katze zu halten. So ein Glück!

Ein Pendlerleben

Ich vermute, dass meine gewachsene Abneigung gegen den Sommer etwas mit meinem Wohnort zu tun hat. In der Stadt hat es gefühlt zehn und tatsächlich ca. fünf Grad mehr als auf dem Land, die Nächte kühlen nicht ab. Es wird erwartet, dass man aktiv und aufgeschlossener ist, was Leute wie mich, die gerne mal alleine sind, unter Druck setzt.

Am Land schließt man untertags alle Jalousien, am Abend lässt man den Wind durchziehen und setzt sich unter einen Baum. Zu verklärt? Möglich. Ich bin auch kein Fan von Sommer auf dem Land, aber er lässt sich leichter durchstehen. Vielleicht ist es so: Man spürt die Jahreszeiten in ihrer Schönheit auf dem Land besser. Wenn es Herbst wird – ich werde ihm aus Liebe eine Kolumne widmen –, ist auch das am Land besser spürbar, für immer wird mir ein Feld im Nebel mit Krähen darauf und bunten Bäumen dahinter das Gefühl von Sehnsucht und Zuhause geben. Das Bild rettet mich über jeden Sommer.

 

Personenbeschreibung:

Saskia Jungnikl-Gossy ist in Reinersdorf, in der Nähe von Güssing, im Südburgenland aufgewachsen. Sie zog nach der Matura nach Wien und lebt und arbeitet heute dort als Journalistin und Autorin. Seit sie und ihr Mann ein kleines Kellerstöckl im Burgenland in der Nähe ihrer beiden Familien renoviert haben, pendeln sie mit ihrem kleinen Sohn zwischen den Bundesländern hin und her. Über die Heimkehr in das Leben als (Teilzeit-)Burgenländerin schreibt sie hier.