Kolumne

Pannonisch z’samm

Labanzen, Kuruzzen, Krowodn: in Pannonien lebt das Völker- und Sprachenmischmasch im Wesentlichen recht friedlich miteinander.

Unlängst meinte die Wirtin, dass es uns doch „verdammt gut geht“. Wenn man sich so umschaue in der Welt, „überall hauen sie sich die Schädel ein“. Wir hier im Pannonischen kämen doch im Großen und Ganzen gut miteinander aus. Angesichts des Umstandes, dass hier drei große, stolze Völker nicht bloß nebeneinander, sondern buchstäblich ineinander siedeln, sei das doch erstaunlich. „Warum ist das so?“ Die Frage der Wirtin war zielgerichtet gemein. Sie wusste, dass die Erwägung einer solchen Frage der einen oder anderen Runde bedarf. Der blaurote Methusalem, der Weitgereiste, wiegte, während er das einschlägige Fingerzeichen machte, den Kopf. Er überlegte. Der wegen seiner G’scheitheit sogenannte Siebener holte tief Luft. Aber schon hatte, dem Himmel sei Dank, der ältere der zwei Jakobiner das Wort ergriffen: „In der Tat, Wirtin. Das ist erstaunlich.“ Vielleicht liege es, charmierte er, an den Wirtinnen, die doch alle gleich behandelten. „Egal ob Krowod, Labanz oder Kuruz.“ Der Blaurote hatte seinen Kopf mittlerweile ausgewogen. „Das liegt, liebe Wirtin, ziemlich sicher daran, dass alle schon einmal der Teschek gewesen sind.“ Jede Volksgruppe habe im Pannonischen schon die Erfahrung gemacht, wie es sich als Minderheit lebe. Auch und gerade die Labanzen. „Warum ist fast jeder dörfliche Xangsverein ein ,deutscher Gesangsverein‘?“

Nicht als Beschwörung eines pathetischen Deutschtums. „Es war eine Notwehrmaßnahme gegen die Magyarisierung.“ Jetzt sängen hierzulande die burgenländischen Ungarn und Kroaten. „Teschek kommt von . . .“, hob der Siebener an, aber da fing rechtzeitig der jüngere Jakobiner, sonst eher ein Zuhörer, an: „Ganz, liebe Wirtin, stimmt das alles natürlich nicht.“ Das pannonische Z’samm habe ja ganz ordentliche Scharten, die sich nicht so einfach ausdengeln lassen. „Ich sag nur Juden und Roma. Das waren doch auch Pannonier.“ Der Blaurote ergänzte: „Und sind es noch!“ „Ist Kirjat Mattersdorf, das Grätzel im Norden von Jerusalem, denn nicht auch ein pannonischer Ort?“ Jedenfalls wäre es eine starke Erinnerung daran, was ein plötzlich zur Mördergrube gewordenes Pannonien sich herausgeschnitten hat aus dem eigenen Fleisch. Der Tisch wartete, dass der Blaurote zu erzählen anfange über die Vertreibung der Mattersdorfer durch die Mattersburger Mordbuben und das Raubersg’sindel. Aber das tat er nicht. Er schien sich in Gedanken zu versenken. So kann man das ja auch nennen, wenn einer ins Narr’nkastl schaut. Der ältere Jakobiner gab das bei der Wirtin beliebteste Handzeichen. Der Siebener holte Luft. „Teschek kommt übrigens von . . .“ Aber da stand die brave Wirtin schon da mit ihrem Bestellblock und fragte: „Tessék fiuk?“