Kultur

International, multikulturell, burgenländisch

Eva Hergovich kommt aus Kittsee und lebt in Toronto, die Eltern ihres Mannes John waren Burgenländer, und die gemeinsame Tochter Maria-Lucia wurde in Brasilien geboren. Eine Geschichte über Auslandsösterreicher, Verbundenheit und Tradition. 

Wie heuer schon einmal, stellen wir in dieser Ausgabe wieder eine Auslandsburgenländerin vor, die „far over“ – in diesem Fall in Toronto, Kanada – ihre neue Heimat gefunden , dabei aber nie ihre Wurzeln vergessen hat. Die Story von Eva Hergovich, die jahrelang im Vorstand des Burgenländer Clubs Toronto war und ihn auch geleitet hat, ist nicht nur aus burgenländischer Sicht eine ganz besondere – denn den wunderbaren, diesem Bericht zugrunde liegenden Originaltext hat ihre Tochter, Maria- Lucia Hergovich, geschrieben:

Nur mal kurz die Welt erkunden

Es ist mir eine große Freude und Ehre, Ihnen einen Einblick in das Leben meiner „Mamica“, Eva Hergovich (geb. Bintinger), ehemalige Präsidentin des Burgenländer Clubs Toronto, zu geben. Eva wurde im Dezember in Kittsee geboren und wuchs bei ihrer liebevollen Mutter, Lucija Bintinger, mehrsprachig auf, wobei Kroatisch ihre Muttersprache war. Meine Mami war ein sehr neugieriges Kind, das immer mehr darüber erfahren wollte, wie alles in der Welt funktioniert. Das ist einer der Gründe, warum sie sich in ihremStudium darauf konzentrierte, Lehrerin zu werden.

Nach dem Studium an der Berufspädagogischen Bundeslehranstalt in Wien war sie als Hauswirtschaftslehrerin im Theresianum in Eisenstadt tätig – eine Zeit, von der sie noch heute schwärmt. Mit 26 beschloss sie, ein wenig „die Welt zu erkunden“ und ihre Cousine in Toronto zu besuchen. Was ursprünglich „nur ein Besuch in Amerika“ war (wie sie damals sagte), wurde für sie zu einer Welt voller Möglichkeiten.

Toronto als neues Zuhause

Kurz nach ihrer Ankunft in Toronto lernte meine Mami meinen Vater (John Hergovich) kennen und die beiden verstanden sich auf Anhieb. Wirklich cool ist, dass mein Papi zwar in Toronto, seine Eltern (John und Rose Hergovich) aber beide im Burgenland geboren sind. Was für eine kleine Welt. Nachdem Eva beschlossen hatte, für „immer und ewig“ in Kanada zu bleiben, schloss sie ihren Bachelor of Arts und ihr Fakultätsjahr für Erziehungswissenschaften ab.

Spulen wir vor ins Jahr 1985. In diesem Jahr brachten Eva und John meine Wenigkeit in diese Welt. Ein echter Scherz! Eva unternahm eine heldenhafte Reise nach Brasilien, um mich als sechs Wochen altes Baby zu adoptieren. Dann machten wir uns beide auf den Weg zurück nach Mississauga, um mit meinem Papi vereint zu sein. Die besten Eltern der Welt zu haben, ist etwas, wofür ich dankbar bin (und immer sein werde)! Nach einigen Jahren folgte dann ihr Master mit dem Schwerpunkt „Bildung in der Arktis“ (insbesondere das Bildungssystem der Inuit), der sie nach Nunavut führte, um das Schulsystem der Inuit hautnah kennenzulernen. Diese Erfahrung war wirklich einmalig und für sie als Pädagogin von unschätzbarem Wert. Allein mit einem Kummer musste sie damals fertig werden: Als Lehrerin im öffentlichen Dienst konnte meine Mami die österreichische Staatsbürgerschaft nicht behalten. Das war für sie sehr, sehr schmerzlich.

… aber das Burgenland im Herzen

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was das alles mit dem Burgenland zu tun hat? Vieles, denn meine Mami hat für „ihre Heimat“ hier bei uns sehr viel getan. Bevor sie Präsidentin des Burgenländer Clubs Toronto wurde, war Eva für 14 Jahre ein produktives Vorstandsmitglied. Sie sorgte dafür, dass viele der Aufgaben erledigt wurden, vor allem, wenn Delegationen aus dem Burgenland zu Besuch kamen. Sie verfasste den Club-Newsletter und gab ihn sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch heraus und betreute die Website des Burgenländer Clubs. Unsere Mitglieder mit „Neuigkeiten aus der Heimat und Neuigkeiten aus Toronto“ auf dem Laufenden zu halten, war etwas, das meiner Mami sehr viel Freude bereitete; und diese Freude war ansteckend. Einige Jahre später wurde Eva Hergovich zur Präsidentin des Burgenländer Clubs Toronto gewählt; alles, von der Organisation des Anna-Picknicks über den jährlichen Martinitanz bis hin zur Mehlspeisklasse machte sie mit viel Hingabe. Auch seit der Übergabe der Präsidentschaft 2022 ist sie weiterhin eng mit dem Club verbunden, vor allem aber mit dem Weltbund der Auslandsösterreicher, der ihr besonders am Herzen liegt. Ich wäre nachlässig, wenn ich nicht erwähnen würde, wie wichtig die Zeitschrift „Rot-Weiß- Rot“ und das Magazin der „Burgenländischen Gemeinschaft“ für meine Mami sind. Dank der ungebrochenen Verbundenheit und Hingabe meiner Mami mit ihrer Heimat […] bin auch ich mit dem Burgenland verbunden, und das in vielerlei Hinsicht.

Meine Mami hat dafür gesorgt, dass ich mit Kroatisch und Deutsch aufgewachsen bin und beides in der Samstagsschule gelernt habe. So konnte ich mich jedes Mal, wenn ich „zu Hause“ zu Besuch war, mühelos mit meinen Verwandten unterhalten. Diese Fähigkeit ist von unschätzbarem Wert. Ich wurde Lehrerin („French Immersion“) wie meine Mami und meine Großmutter; und ich lernte bereits mit drei Jahren das Skifahren. „Österreicher
fahren Ski“, sagte sie immer. Und so ist das Burgenland weiterhin in unserem Haus. Mamica singt die burgenländischen Lieder auf Kroatisch und Deutsch und ich sorge dafür, dass die Fenster geschlossen sind. Und dann lachen wir gemeinsam, wenn ich sie bitte: „Mamica please, gnua von dem Gsang.“