Heute

Man kommt zu uns, um ein Spektakel zu erleben

Daniel Serafin, Kulturmanager und Künstlerischer Direktor der Oper im Steinbruch St. Margarethen, über Carmen, seinen berühmten Vater und die Kulturgroßmacht Burgenland

 

 

Das „Carmen“-Leading Team (v. l.): Alessandro Camera, Carla Ricotti, Arnaud Bernard, Kristīne Opolais und Daniel Serafin © Andreas Tischler

MEIN BURGENLAND: Herr Direktor, in der Oper im Steinbruch St. Margarethen wird in der kommenden Saison Carmen aufgeführt. Aber was ist Ihre persönliche Lieblingsoper?

DANIEL SERAFIN: Meine Lieblingsoper ist immer das Werk, an dem ich gerade arbeite. Diese Leidenschaft ist notwendig für den Erfolg. Nur so kann man für das Publikum das Maximum herausholen. Aktuell ist es also ohne Zweifel „Carmen“.

Was fasziniert Sie an „Carmen“?

„Carmen“ ist ein einzigartiges Werk mit einem unfassbaren Klangspektrum. Ein wirkliches Traumwerk. Die Opernheldin ist eine umschwärmte und selbstbewusste Frau, die durch ihren enormen Freiheitsdrang beeindruckt und uns zu Zeugen ihres Schicksals macht.

Was darf das Publikum von Ihrer Inszenierung erwarten?

Ein Freilichtspektakel der Sonderklasse, mit einem internationalen Team bestehend aus Alessandro Camera, Carla Ricotti, Arnaud Bernard und großartigen Künstlerinnen und Künstlern wie zum Beispiel die Starsopranistin Kristīne Opolais. Und das Ganze natürlich auf einer der größten Naturbühnen Europas. Die Oper ist eine Kunstform, die nicht unbedingt als niederschwellig gilt. Manch einer spürt eine Barriere oder gar Angst, sich darauf einzulassen.

Was würden Sie diesen Menschen mitgeben?
Nehmen wir als Beispiel die Oper im Steinbruch. Ich habe heuer das Publikum vor der Aufführung von „Nabucco“ gefragt, wie viele zum ersten Mal hier sind. Von den rund 4.000 Besuchern haben ungefähr 800 die Hände gehoben. Das ist schon ein sehr starkes Indiz dafür, dass es uns sehr gut gelingt, neue Gruppen für die Oper zu gewinnen. Zu uns kommt man wegen dem Gesamterlebnis. Es ist auch überhaupt nicht notwendig, vor dem Opernbesuch zu wissen, worum es in „Carmen“ geht. Man kann einfach eintauchen und „Carmen“ mit allen Sinnen erleben. Es ist eine Reise, zu der wir einladen.

Was möchten Sie beim Publikum mit Ihren Opern auslösen?

Idealerweise möchte ich eine euphorische Glückseligkeit auslösen. Ein bleibendes Erlebnis. Es gibt fast nichts Schöneres, als nach einer Aufführung beim Ausgang begeisterte Gesichter zu sehen. Das freut einen enorm und macht einen stolz auf das ganze Team, das hinter dem Erfolg steht. Ohne das Team ist natürlich alles nichts. Werfen wir kurz einen Blick zurück auf das zu Ende gehende Jahr 2022.

Wie lautet Ihre Bilanz?

Wir können uns über eine wirklich sehr erfolgreiche Saison freuen. Bei „Nabucco“ hatten wir eine Auslastung von 92 Prozent und durften fast 90.000 Besucher begrüßen. Auch unser Herbstgold-Festival hat sehr gut funktioniert. Entgegen vieler Klagen, die zurzeit aus Kulturbetrieben zu hören sind, dürfen wir uns über steigende Besucherzahlen freuen. Ich bin sehr dankbar für ein Publikum, das wir seit Jahren faszinieren und als Stammpublikum gewonnen haben.

Wie war Ihr persönlicher Weg zu Ihrer aktuellen beruflichen Aufgabe?

Es war aufgrund meines familiären Hintergrunds anfangs vorgegeben, dass ich Opernsänger werden sollte. Im Alter von 17 ist aber der innere Rebell in mir durchgekommen. Ich wollte aus dem Schatten meines Vaters treten und habe Theaterwissenschaft, Betriebswirtschaftslehre und auch kurz Medizin studiert. Danach habe ich aber wieder zum Gesang zurückgefunden und habe mich ganz der Oper verschrieben. Bis ich 2016 dann den Gesang ad acta gelegt und mich ganz aufs Kulturmanagement konzentriert habe. Das war ein wirklich beglückender Moment. Ich habe mich im Spiegel angesehen und mir gesagt, Daniel, es reicht nicht zum Domingo, tue etwas, wo du glücklich werden kannst. Über den Umweg einer beruflichen Station in New York habe ich danach ins Burgenland gefunden. Es war eine schicksalshafte Fügung. Kulturmanagement ist eine unglaublich lebensbereichernde Aufgabe.

Wie gehen Sie damit um, dass Ihr berühmter Vater Harald Serafin ebenfalls im Burgenland tätig gewesen ist?

Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich acht Kilometer von Mörbisch, dem alten Wirkungsort meines Vaters, so einen Erfolg erleben darf. Ich scheue den Vergleich mit meinem Vater aber nicht, weil ich etwas ganz anderes mache als er. Operette und Musical unterscheiden sich enorm von der Oper. Und man kann immer nur das verkaufen, was einen selbst anzieht und fasziniert. Bei mir ist das ganz klar die Oper. Außerhalb des Burgenlandes stellen sich viele immer wieder die Frage, wie das Burgenland zu so einer kulturellen Großmacht werden konnte.

Was ist aus Ihrer Sicht das burgenländische Erfolgsgeheimnis?

In künstlerischer und kultureller Hinsicht ist es jedenfalls die Vielfalt. Wir erleben hier ganz verschiedene Formate in sehr hoher Qualität. Nehmen wir allein, dass wir gerade erst im September den USSchauspieler John Malkovich beim Herbstgold-Festival zu Gast hatten. Wir arbeiten auch mit dem Land sehr gut zusammen. Man nimmt sich gegenseitig nichts weg, sondern im Gegenteil: Man befördert sich gegenseitig und deckt zusammen noch mehr ab.