Prost & Mahlzeit

Schmalz ist Trumpf

Im Spätherbst wird endlich wieder der Schmelztiegel aufgefüllt. 

© Stine Christiansen

Das komplette Verarbeiten eines Tieres wird oft als bloße Resteverwertung missverstanden – als ein Alles-Aufessen, weil man sonst nicht genug hat. Andere sehen es vor allem als Respektbeweis gegenüber dem Tier, das man geschlachtet und von dem man aus Achtung nichts wegwerfen will. Das stimmt zwar alles, einen mindestens so wichtigen Grund, alles vom Tier zu verwenden, vergessen aber viele: dass es gerade die ungewöhnlichen Teile sind, die ganz besonders gut schmecken oder etwas bieten, was der Rest nicht kann.

Viel mehr als Fett

Ein köstliches Beispiel dafür ist die Schmer: Als Schmer wird im Burgenland das Fett aus der Bauchhöhle des Schweins bezeichnet. Sie gilt als so etwas wie die Königin, das Filetstück des Schmalz, ein großes Lob in einer Gegend wie dem Burgenland, in dem Schmalz die gleiche Bedeutung und das gleiche Ansehen hat wie im Mittelmeerraum Olivenöl. Am Schmalz zeigt sich außerdem wie an sonst kaum einem anderen Teil des Schweins seine Qualität, ob es gut gehalten und anständig gefüttert wurde. Nur Schmalz von vormals gut behandelten Schweinen schmeckt richtig gut.

Die Saison der Schmer ist der Spätherbst und der frühe Winter, die Zeit vor Weihnachten, wenn in den Dörfern der Sautanz gefeiert wurde, das traditionelle Schlachtfest im frühen Winter. Die über den Sommer geleerten Schmelztiegel füllten sich dann endlich wieder, und für eine kurze, kostbare Zeit war Fett im Überfluss da. Der Jahreszeit entsprechend, wurde diese reiche Schmalzernte besonders gern für kleine und große Bäckereien genutzt: für Kekse, Kuchen oder Krapfen.

Ein ganz anderer Krapfen

Schmer ist besonders weich und cremig und galt daher immer schon als ideal für Blätterteig, statt Butter, die teuer und selten war, und, wenn die Bauern Milchkühe hatten, eher verkauft denn selbst gegessen wurde. Am liebsten wurde sie zu Schmerkrapfen verarbeitet. Mit Krapfen, wie man sich das sonst in Österreich vorstellt, haben sie wenig zu tun: Schmerkrapfen sind ein Blätterteiggebäck, das optisch ein wenig an einen zerdrückten Polster erinnert. Die Bäckerin (meist waren es Frauen) schneidet den Blätterteig in kleine Quadrate, füllt diese mit einem Klecks Marmelade (Marille aus Kittseer Marillen oder Erdbeere aus Wiesener Erdbeeren bietet sich an) und faltet sie dann zusammen, sodass ein schlampiges, halb offenes Dreieck entsteht, das dann im Rohr knusprig gebacken und schließlich mit Staubzucker bestreut wird.

Geschmack über Schönheit

Schmerkrapfen mögen nicht das schönste Festtagsgebäck sein, aber sie lehren Spätgeborenen etwas über die geschmackliche Kraft von Schweinefett in Süßspeisen: Dank der Schmer haben sie einen köstlichen, kräftigen Geschmack, mit einer leicht salzigen Umami-Note hinter der Süße und einem Aroma, das scheinbar ewig im Mund bleibt. Wer keine Schmer bekommt, kann natürlich auch mit gutem Schmalz wunderbar backen. Probieren Sie es einfach einmal statt Butter für Kekse – Sie werden vielleicht erstaunt sein, wie gut das schmeckt.

Schmerkrapfen
mit Ribiselmarmelade

So geht´s: Schmer faschieren oder mit einem Messer sehr fein hacken. Dann mit Mehl und Eigelb verrühren und nach und nach den Wein zugeben, bis ein fester Teig entsteht. Zudecken und eine Stunde im Kühlschrank rasten lassen.

Zu einem 1 cm dicken Rechteck von etwa 30 x 40 cm ausrollen. Jeweils ein Drittel des Teigs von rechts und links zur Mitte hin einschlagen – so wie für einen Blätterteig. In Frischhaltefolie einschlagen und etwa 20 Minuten in den Kühlschrank legen. Wieder ausrollen, falten und rasten lassen – insgesamt acht bis zehn Mal wiederholen. Zuletzt über Nacht im Kühlschrank ruhen lassen. Den Teig etwa 30 Minuten auf Zimmertemperatur kommen lassen und währenddessen den Ofen auf 175 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Den Teig 4 mm dick ausrollen und 6 cm große Quadrate mit gezacktem Rand ausradeln oder ausschneiden.

In die Mitte jeweils einen kleinen Klecks Marmelade setzen, jedes Quadrat zu einem Dreieck falten und auf ein Backblech mit Backpapier legen. Auf der mittleren Schiene knapp 20 Minuten hellbraun backen.

Noch heiß in einer Mischung aus Zucker, Vanillezucker und Staubzucker wälzen.